Konrad Zuse, der Vater des Computers

„Die Gewalt rüstet sich mit den Erfindungen der Künste und Wissenschaften aus, um der Gewalt zu begegnen.“ – Heißt es im Buch vom Kriege und so verwundert es nicht, daß der von Konrad Zuse frisch erfundene Computer sich umgehend im Gemetzel des Sechsjährigen Krieges wiedergefunden hat. Und daher wollen wir auch den Geburtstag Konrad Zuses feiern. In der preußischen Hauptstadt Berlin kam unser Zuse 1910 zur Welt und baute 1941 den ersten Computer der Welt, Z3 genannt. Die Z1 von 1937 und die Z2 von 1940 waren noch keine vollwertigen Computer, aber wichtige Vorstufen. Der Z3 folgte 1945 die Z4 und schon 1946 hatte unser Zuse mit Plankalkül die erste höhere Programmiersprache ausgeheckt. Im Sechsjährigen Krieg werkelte er an der Gleitbombe Hs 293, aus dem Hause Henschel, mit und baute Spezialrechner für die Flügelvermessung. Seine Zuse KG mußte er, nach anfänglichen wirtschaftlichen Erfolgen, aber leider 1964 verkaufen. Geheiratet hat unser Zuse auch und zwar 1945 seine Herzensdame Gisela Brandes, mit der er fünf Kinder zeugte. Von den Wegbereitern des Computers, wie dem großen preußischen Denker und Gelehrten Leibnitz, berichtet uns unser Zuse in seiner Lebensbeschreibung „Der Computer – Mein Lebenswerk“:

„Nach dem Studium wurde ich Statiker bei den Henschel-Flugzeug-Werken. Es war im Jahr 1935. Aber ich gab diese Stelle bald auf und richtete mir eine Erfinderwerkstatt in der Wohnung meiner Eltern ein. Ich wollte mich ganz dem Computer widmen können. Es ist hier vielleicht der Ort für einen kleinen Exkurs zu dessen Vorgeschichte. Sie beginnt im 17. Jahrhundert, mit Leibniz, der, neben Schickard und Pascal, einer der Pioniere des Rechenmaschinenbaus war, der das Zahlensystem mit der Basis 2 mathematisch entwickelte und der die ersten Ansätze einer symbolischen Logik schuf, also dessen, was wir heute Aussagenkalkül oder Boolesche Algebra nennen. Gerade die symbolische Logik erwies sich später als außerordentlich wertvoll bei der Konstruktion von Rechengeräten und führte zur Verallgemeinerung des Begriffs Rechnen überhaupt. Schon Leibniz aber hatte vom „Ausrechnen einer Streitfrage“ gesprochen. Zur Vorgeschichte des Computers gehören auch die Lochkartengeräte, die bereits eine Reihe von Möglichkeiten bieten, die über die der einfachen Tischrechner hinausgehen. Die eigentliche Computerentwicklung liegt dann etwas abseits dieser Linie und ist ein gutes Beispiel für die Entstehung und Durchsetzung neuer Ideen. Die ersten Anregungen kamen von Ingenieuren und Wissenschaftlern, die für ihre jeweiligen Zwecke nach technischen Hilfsmitteln suchten. Das gilt auch für Babbage, den eigentlichen Vater des Computers, der bereits im vorigen Jahrhundert die wesentlichen Gedanken für den Bau von programmgesteuerten Rechengeräten entwickelte. In England, wo er lebte, war damals gerade der Jacquard-Webstuhl eingeführt worden. Babbage war Mathematiker und übertrug das Steuerungsprinzip der Lochkarten auf die Rechenmaschine. Weil ihm die Mittel der Elektrotechnik noch nicht zur Verfügung standen, mußte er alle Probleme mechanisch lösen. Der Antrieb seiner Maschine sollte mit Dampf erfolgen. An den technischen Problemen ist er schließlich nach dreißigjähriger Arbeit auch gescheitert. Es heißt, er sei ein vergrämter und mit seiner Umwelt zerstrittener Erfinder gewesen. Bedrängte ihn schon die Ahnung von den möglichen Auswirkungen seiner Ideen, wenn sie sich erst einmal voll verwirklichen ließen? Er kannte jedenfalls schon den bedingten Befehl, also die Möglichkeit, den Ablauf der Rechnungen durch die Ergebnisse selbst zu beeinflussen, die unseren heutigen Rechenanlagen ihre logische Beweglichkeit verleiht. Oder war er nur verbittert, daß er seine Ideen nicht mehr selber verwirklichen konnte? Wie dem auch sei, er geriet in Vergessenheit. Die Rechenmaschinenindustrie, die eigentlich zuständig gewesen wäre, nahm keine Notiz von seinen Arbeiten, und hundert Jahre später wußte kaum noch jemand davon. Das Schicksal des Erfinders Babbage zeigt: auch die beste Idee kann sich nicht durchsetzen, wenn die technischen Voraussetzungen für ihre Verwirklichung fehlen. Man kann sich nun fragen, warum die neuere Geschichte des Computers ausgerechnet in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts beginnt. War die Zeit erst jetzt reif für einen Neuanfang? Die technischen Schwierigkeiten, an denen Babbage scheiterte, waren bereits 1910 überwunden. Bestand also vielleicht eine gewisse Scheu, die geistigen Fähigkeiten des Menschen kritisch zu untersuchen und systematische Schritte in Richtung einer Intelligenzverstärkung zu tun? Man muß es fast annehmen. Für einen Neuanfang braucht es offenbar zu den technischen Voraussetzungen die geistige Bereitschaft der Forscher und Erfinder. Und wie so oft in der Geschichte der Erfindungen, entstanden nun ganz ähnliche Ideen unabhängig voneinander an verschiedenen Orten. Zur selben Zeit nämlich wie ich in Deutschland, begannen in den USA Aiken, Stibitz, Eckert, Mauchly, v. Neumann und einige andere ihre Arbeit. Wie ich, war keiner von ihnen Fachmann auf dem Gebiet der Rechenmaschinentechnik. Ich weiß nicht, inwieweit sie Babbage kannten. Sie sind im wesentlichen ihre eigenen Wege gegangen. Ich selber verstand, als ich mit dem Computerbau begann, weder etwas von Rechenmaschinen, noch hatte ich je von Babbage gehört. Erst viele Jahre später, als meine Konstruktionen und Schaltungen im wesentlichen festlagen, wurde mir seine Maschine vom Prüfer des amerikanischen Patentamtes entgegengehalten. Die sonst sehr gründlichen deutschen Prüfer hatten Babbage nicht gekannt. Dies also waren in etwa die Ausgangsbedingungen, als ich 1935 beschloß, Computererfinder zu werden. Natürlich waren meine Eltern von diesem Vorhaben nicht eben begeistert; sie hatten aber doch so viel Vertrauen in meine Fähigkeiten, daß sie mich, so gut es ihnen möglich war, unterstützten. Später durfte ich sogar das größte Zimmer ihrer Wohnung benutzen, um meine ersten, noch etwas ungeschlachten Apparate aufzubauen. Unterstützung fand ich auch bei meinen Studienfreunden. Sie halfen mir mit Geldbeträgen, die sich heute vielleicht bescheiden ausnehmen würden, ohne die ich damals aber nicht einmal die notwendigen Materialien für meine Arbeit hätte beschaffen können. Mein erster Financier war mein alter Schulfreund Herbert Weber aus Braunsberg. Auch meine Schwester gehörte zu den ersten Geldgebern, und natürlich halfen immer wieder meine Eltern. Jeder gab, soviel er entbehren konnte, und am Ende waren etliche tausend Mark zusammengekommen…“

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